Samstag, 25. September 2010

Im Glutofen

Heute wollte ich zur Feier des Tages endlich mal eine längere Runde mit dem Rad drehen, nachdem ich immer nur durch die Stadt gekurvt war. Kartenmaterial war bisher nicht aufzutreiben bzw. ausverkauft. Ein kurzer Blick in Google-Maps und mein nicht vorhandener Orientierungssinn mussten also ausreichen. Ich nahm mit vor, über die San Marcos Pass Road zum Lake Cachuma zu fahren und von dort aus weiter über Solvang zum Higway „One-O-One“, welcher mich zurück zur Küste und damit nach Santa Barbara führen sollte. Zu Beginn ging es abwechselnd mal sehr steil und dann wieder flacher eine Nebenstraße hoch. Die Serpentinen waren zum Teil extrem steil, sodass ich schon mal 600 Watt im kleinsten Gang benötigte, um nicht umzufallen. Man hatte schon hier den Eindruck mit jedem Höhenmeter der Wüste etwas näher zu kommen, obwohl die doch ein ganzes Stück weg ist. Auf halber Höhe traf ich auf den Highway, der in Richtung Lake Cachuma führt. Von hier an ging es sehr gleichmäßig hoch. Es gibt wahrscheinlich kaum einen besseren Berg zum K3 fahren. Irgendwann erreichte ich die Passhöhe. Die folgende Abfahrt ins Tal glich einer Autobahn. Ich fühlte mich wie auf der Gegengerade vom Sachsenring, allerdings sechs Kilometer lang. Dazu kam eine schon um 10 Uhr morgens sehr warme Luft, die wie ein Heißluftfön wirkte. Ich dachte mir da noch nichts Schlimmes dabei. Allerdings war mir aufgefallen, dass mir bis zur Passhöhe immer nur Radler entgegen gekommen sind und keiner hier hochfuhr. Nun traf ich überhaupt keinen mehr, was mich daran zweifeln ließ, ob diese Straße überhaupt für Radfahrer erlaubt ist (ist sie). Den eigentlichen Grund stellte ich erst später fest. Bald kam ich zum herrlich gelegenen Lake Cachuma.
Lake Cachuma
Von hier aus fuhr ich weiter über Santa Ynez nach Solvang. Dieser Ort scheint eine Art „Klein-Dänemark“ zu sein. Jedenfalls hingen überall dänische Fahnen und die Hotelnamen sind „Nykobing Inn“, „Copenhagen Inn“, usw. In Buellton wollte ich dann auf den Highway „One-O-One“ in Richtung Küste abbiegen um dann wieder nach Süden zurück nach Santa Barbara zu fahren. Dies sollte eigentlich mit der langen Abfahrt und dem zu erwartenden Rückenwind relativ zügig gehen. Allerdings entpuppte sich der Highway als Freeway. Diese Straßen sind vergleichbar mit einer deutschen Autobahn, nur dass nicht so schnell gefahren werden darf. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass man hier mit dem Rad drauf fahren darf. Mittlerweile habe ich Google befragt und erfahren, dass ich in diesem Fall gedurft hätte, da es keine Alternativroute gab und kein Schild explizit das Radfahren verbot. Mit dem üppigen Seitenstreifen wäre das kein Problem gewesen. Aufgrund der teils heftigen Strafen hier für Fehlverhalten im Straßenverkehr (1000 Dollar für Müll aus dem Fenster werfen), entschied ich mich, kein Risiko einzugehen, und den ganzen Weg zurückzufahren. Außerdem hielt ich es für an der Zeit mal etwas zu Essen. Da ich vergessen hatte, irgendwelche billigen Riegel im Supermarkt zu kaufen, musste ich auf die mitgebrachten, altebekannten Powerbar zurückgreifen. Überrascht stellte ich fest, dass diese kurz davor waren, den Aggregatzustand zu wechseln. Ich schaute auf die Uhr und staunte nicht schlecht: 43° C.
Solvang
Dies erklärte auch die Tatsache, warum meine Schaltung schon eine Weile hakte. Bei solchen Temperaturen kann man die Wärmedehnung der Züge wahrscheinlich nicht mehr ganz vernachlässigen. Um ein Gefühl für die amerikanischen Einheiten zu kriegen, versuchte ich die Celsius-Temperatur in Grad Fahrenheit umzurechnen. Da mir nur der 0 °C-Wert (32 °F) und die Tatsache, das 23 °C 73 °F sind, bekannt waren, keine leichte Aufgabe bei dieser Temperatur. Um es kurz zu machen: Es sind rund 110 °F. Klingt wie im Kochtopf. War es irgendwie auch. Kurz zuvor hatte ich noch an einer Tankstelle Wasser nachgekauft. Eine sehr sinnvolle Maßnahme, allerdings hatte es schon nach 15 Minuten annähernd Außentemperatur erreicht. Kurz darauf war die Temperatur bei 44 °C, woran sich in den nächsten eineinhalb Stunden nichts ändern sollte. Am Straßenrand lagen anstatt der sonst üblichen toten Igel, Kröten und Katzen irgendwelche undefinierbaren eichhörnchenähnlichen Tiere und immer wieder Schlangen, wovon aber einige auch noch ganz lebendig zu sein schienen (eine konnte ich identifizieren: Kalifornische Kettennatter - ein kriechender Zebrastreifen).
Higway 154
Das Wasser ging langsam zur Neige und ich musste noch den langen Anstieg zur Passhöhe hochfahren. Da die Physik auch in Kalifornien unerbittlich ist und daher warme Luft aufsteigt, waren wir bald bei 46 °C und kein Wasser mehr im Tank. So langsam machte sich Dehydrierung breit. Sehr viel länger hätte es glaube ich nicht mehr bergauf gehen dürfen, da die Möglichkeiten Wasser aufzufüllen dort oben sehr begrenzt waren (um nicht zu sagen: nicht vorhanden). So konnte ich aber den kühlen Fahrtwind und die schnell fallenden Temperaturen auf der Abfahrt nach Santa Barbara genießen und kam nach fünf Stunden wieder daheim an. Die Fahrt auf dem Freeway wäre sicher deutlich entspannter gewesen … aber trotzdem war es interessant, etwas vom Umland von Santa Barbara zu sehen. Und einen (zum Glück nur leichten) Sonnenbrand hatte ich um die Jahreszeit auch noch nie.

2 Kommentare:

  1. Beneidenswertes Wetter. Bei uns seit 4 Tagen Dauerregen und unter 10°C. Ich glaube, da würde ich auch lieber eine Deydrierung in Kauf nehmen. Achtung: "Fühlt sich eine Kalifornische Kettennatter bedroht, so scheidet sie übelriechende Fäkalien aus." Also immer die Gasmaske mitnehmen! VG

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  2. Ich bin doch tierlieb ... ich hoffe, die Kettennatter weiß das

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