Samstag, 13. November 2010

Heimsieg

Heute morgen klingelte bei mir 4:45am der Wecker. Es sollte zum Heim-Cross-Country-Rennen der UCSB gehen. Meine Mitfahrgelegenheit war, wie hier üblich, eine halbe Stunde zu spät, sodass das frühe Aufstehen nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Man hat mir hier schonmal erklärt, dass man mit "We meet 5:30" meint, dass man 5:30 daran denkt, dass man jemanden treffen will und sich schließlich um 6:00 in Bewegung setzt. Irgendwie inkompatibel mit deutscher Pünktlichkeit.
Im Hinterland, wo das Rennen stattfand, waren, als wir ankamen, gerade 0 °C. Die Leute die oben gecampt hatten, zitterten ziemlich rum. Als die Sonne dann rauskam, konnte man dann direkt von dicker Jacke auf T-Shirt wechseln. Das Rennen sollte um 9:00 Uhr starten und es war klar, dass es recht warm werden würde. Also ideal für mich. Die Strecke hatte ich ja schon letzte Woche angeschaut. Nicht unbedingt etwas, was mir liegt, aber man kanns sich ja nicht raussuchen. Zunächst musste ich erstmal das Lizenzproblem lösen. Der Offizielle kam mit fettem Official-Motorrad angecruist. Als er den UCI-Code auf meiner deutschen Lizenz sah, zog er die Augenbrauen hoch und wies mich darauf hin, dass ich eine Genehmigung meines Verbandes zum Starten brauche. Als ich im mitteilte, das ich diese dabei habe, war er geschockt. Ich bin wohl der erste gewesen, der daran gedacht hat. Er hätte mich aber definitiv auch ohne Starten lassen. Die Offiziellen hier sind total freundlich und jederzeit zu einem Spaß aufgelegt. Kein Vergleich zu den BDR- oder UCI-Leuten. Somit durfte ich A-Klasse fahren.
Das Rennen begann dann pünktlich. Ich erwischte einen für meine Verhältnisse optimalen Start und kam als Zweiter aus der Startloop. Allerdings war das Tempo wahrscheinlich auch nicht mit deutschen Verhältnissen zu vergleichen. Am ersten Anstieg setzte ich mich an die erste Position. Bald hatte ich nur noch einen  Begleiter. Der war allerdings wirklich hartnäckig. In den Downhills konnte er mit seinem 29er Fully immer ein paar Sekunden rausholen. Er schien den Kurs perfekt zu kennen. So musste ich immer wieder ransprinten. Ich testete an einigen kürzeren Bergen einige Male kurz, wie mein Konkurrent drauf ist. Er schien ziemlich fit zu sein. Irgendwann fing er an, total unrhytmische Attacken zu fahren. Von dort an schaute ich ihn mir eine knappe Runde von hinten an. Ich dachte mir, dass es wohl ein harter Kampf werden würde. Die Strecke hatte einige lange flache Abschnitte zum Pressen. Ein Attackieren war hier unmöglich. Meine einzige Chance war also, an einem der nicht wirklich langen Anstiege ein Loch zu reißen und dann meine Zeitfahrfähigkeiten auszuspielen. Zur Mitte der zweiten Runde schien mein Gegner etwas zu schwächeln. An einem etwas längeren Anstieg steigerte ich kontinuierlich das Tempo. Oben im Flachen angekommen hatte ich vielleicht ein fünf Meter großes Loch. Jackpot! Ist ja meine Spezialität, die Daumenschrauben am Anstieg anzuziehen um dann, wenn es flach wird, die eigentliche Attacke zu setzen. Das hat auch diesmal wieder prima funktioniert. Mein Konkurrent explodierte komplett, während meine Beine nun endlich aus ihrer Lethargie erwachten. Im Flachen ging ich dann nach dem bisher etwas hektischen Rennen zum kontinuierliche Marathon-Fahrer-Tempo über. Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Verfolger aus eigener Kraft nicht mehr rankommen würde. So konnte ich relativ gemütlich die dritte und letzte Runde angehen. Da die XC-Runden hier viel länger als bei uns sind, bedeutete dies trotzdem über zwei Stunden Renndauer. Als ich das nächste Mal zum Startgelände kam, fuhr ich einen vielleicht 200 Meter langen Streckenabschnitt, bei dem ich mir sicher war, dass ich ihn bei der zweiten Rundendurchfahrt nicht absolviert hatte. Ich fuhr zum Ziel, sagte dem Offiziellen, dass ich da wohl was vergessen hatte und fuhr das Stück schnell noch ein zweites Mal. Da ich zu dem Zeitpunkt, als ich die Schleife vergessen hatte, schon einige Minuten Vorsprung hatte, war es definitiv ohne Einfluss auf den Rennausgang. In Deutschland wäre ich mit absoluter Sicherheit disqualifiziert worden. Hier lachten die Offiziellen nur. Sie jubelten mir sogar zu, als ich dann letztendlich die Ziellinie überquerte und gratulierten mir ein paar Mal ... Sachen gibts. Sie scherzten dann noch ein wenig von wegen "Drug Control, Sebastian". Das der Zweite elf Minuten Rückstand hat, ist hier offenbar noch nicht oft vorgekommen.
Es war wohl der erste Sieg für das UCSB-Team in der MTB A-Klasse. Und das noch dazu beim Heimrennen. Da kann man nur sagen "Good job, good job".
Man sagte mir noch, dass der Zweite jetzt wohl in irgendeiner Ecke liegt und heult. Er ist wie es aussieht der unangefochtene Dominator der Collegiate-MTB-Szene hier in Kalifornien und das er verliert, kommt scheinbar nicht allzu oft vor. Bei den US-Collegiate-Nationals vor ein paar Wochen war er Dritter gewesen. Somit war es praktisch ein Rennen "auf Augenhöhe". Allerdings sind die Collegiate-Nationals im Gegensatz zu den Deutschen Hochschulmeisterschaften hier ein wirklich großes Ding. Das Gerücht, dass im Mutterland des Mountainbikens, die Leute nicht so fit sind, wie in "good old Europe", scheint sich also zu bestätigen. Das ich alter Ausdauerfetischist ein Cross-Country-Rennen gewinne, ist wohl Beweis genug.
Im Anschluss ans Rennen half ich noch als "marshal" beim Dual-Slalom. Die Typen sind einfach nur krank. Manchmal geht's aber auch schief. Eine Dame verschätzte sich ein wenig und landete unsanft. Diagnose: Oberschenkelbruch. Es kamen drei Krankenwagen. Zwei davon so groß, wie bei uns Feuerwehrautos. Schließlich kam noch ein Helikopter hinzu, der schließlich die Verletzte abtransportierte. Hier ist alles ein wenig größer ... Die Rechnung von dem Krankentransport will ich aber nicht sehen.

3 Kommentare:

  1. Glückwunsch. Oh ja "Drug Control" gibt es da jetzt was neues. Balco läst Grüßen. Nicht das die Dich nicht wieder Heim lassen. Gibts auch Pic´s.

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  2. Ja, gibt was Neues ... das Burger-Fressen haut voll rein.
    Bilder hab ich im Moment noch keine ... Konnte mich ja schlecht selber fotografieren. Aber aus dem UCSB Team haben welche Fotos gemacht glaub ich ... muss ich mal nachfragen.

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  3. Da war ich mit den 16 min auf 4 Stunden in Geyer ja noch richtig gut. Ich werde am Wochenende auch mal rüberfliegen. Vielleicht wird es ja doch noch eine versöhnliche Saison ...

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