Sonntag, 31. Oktober 2010

Helloween

Unter der Woche war wie immer alles spektakulär unspektakulär.
Es gab aber endlich wieder feines Wetter. So macht das Radfahren am Morgen Spaß. Nichtmal 'nen Platten hatte ich diese Woche. Aber weißes Lenkerband an den Renner zu machen war ziemlich dumm. Durch die ständigen dreckigen Hände vom Reifenwechsel habe ich jetzt einen schönen Übergang von schwarz nach weiß vom Oberlenker zum Unterlenker. Sehr originell. Weiterhin bin ich zum Flicken der defekten Schläuche übergegangen. Das US-Flickzeug ist der Hammer. Ich weiß nicht was passiert, wenn man den Kleber mit den Händen anfasst. Wahrscheinlich geht man dann eine innige Verbindung mit dem Schlauch ein oder die Hand fällt ab. Aber man scheint hier einige interessante Materialien zu verwenden. Ich möchte wirklich mal wissen, was die mit ihren Folietüten und Verpackungen machen. Auch diese Woche war ich wieder ständig am Fluchen, weil man kaum an den Inhalt von Wurst- oder Käseverpackungen rankommt. Das ist vielleicht der Werkstoff der Zukunft. Die Bruchzähigkeit dürfte jedenfalls schonmal auf dem Niveau von Stahl liegen.
Und dann war ja dieses Wochenende noch Helloween. Das Studentenviertel Isla Vista ist legendär dafür, dass jedes Jahr Studenten aus den ganzen USA hierher kommen, um sich ins Koma zu saufen. Es wurde schon Mitte der Woche damit begonnen, den ganzen Campus und speziell alle Parkmöglichkeiten einzuzäunen damit das ganze möglichst unattraktiv für Besucher wird und um den schlimmsten Schaden zu vermeiden. Weiterhin ist ab 6 pm keine Musik mehr auf der Straße erlaubt und die Polizei kontrolliert jedes verdächtige Subjekt, wobei man teilweise vielleicht besser von Objekt sprechen sollte. Auf diese Weise scheint es dieses Jahr auf den Straßen relativ ruhig zu sein. Von den 50000 "Besuchern" aus den vergangenen Jahren ist jedenfalls keine Spur. Innerhalb der Appartments geht es allerdings hoch her. Gestern bin ich in so 'ne Helloween-Feierlichkeit reingeraten. Es fing harmlos an, wurde aber schnell schlimmer. Alles was man aus den Ami-Filmen kennt, ist die Wirklichkeit. Nicht zu fassen. Wenn ein brennendes Streichholz auf den Fußboden gefallen wäre, wäre von der Bude wahrscheinlich nicht mehr viel übrig gewesen. Der Wodka-Pegel (aus den umgefallenen und zerbrochenen Gläsern) war schon bedrohlich gestiegen. Und das Zeug, was die hier haben ist nicht ohne. Es eignete sich hervorragend als Grillanzünder. Für solche Stichflammen ist normalerweise die Kompetenz ganzer Fachschaftsräte erforderlich. Als die Leute nicht mehr zu sinnvoller Kommunikation in der Lage waren, habe ich mich dann auch verdrückt. Immerhin habe ich das außerordentlich anspruchsvolle Trinkspiel "Fuck you" kennen gelernt. Sowas wird hier durchaus mit einer gewissen Ernsthaftigkeit betrieben. Für "Beer Pong" war sogar ein spezieller Spieltisch vorhanden. Für das Öffnen von Bierflaschen wäre aber doch noch ein Grundkurs für die Amis von Nöten. Die Tischkanten sehen jetzt ziemlich böse aus von den vielen Fehlversuchen. Was die Fähigkeit betrifft, funktionierende und langlebige Flaschenöffner zu konstruieren liegt man hier auch auf dem Niveau gewisse Fachschaftsräte.
Ansonsten ist wirklich nicht viel Aufregendes passiert. Gestern war ich mit dem UCSB Cycling Team auf einer netten Trainingsfahrt an der Küste entlang und heute nochmal alleine in den Bergen.
Ich habe auch einen kompetenten Einheimischen zur "No Shooting"-Story befragt. Meine Vermutung, dass es tatsächlich um Schusswaffengebrauch geht, wurde bestätigt. Er erklärte mir, dass die Amis gerne mal in der Gegend rumballern und speziell an der Stelle, wo die Schilder stehen, wäre es gefährlich, weil man nicht einsehen kann, wo Wanderer kommen. Also an alle Wanderer: Ab demnächst bitte mit rosa Stahlhelm und kugelsicherer Weste! Sicher ist sicher!

Montag, 25. Oktober 2010

Gasalarm, Hobbyrennen, etc.

Die letzte Woche begann damit, dass wir ein Schild an der Türe hatten, das man uns den Gashahn zu drehen will. Irgendwie verständlich, denn schließlich hatten wir Gas für den Herd, ohne irgendeinen Vertrag oder sonstiges abgeschlossen zu haben. Das hatten die Vormieter wahrscheinlich nicht abgemeldet. Also hat der andere Sebastian dort angerufen und einen neuen Account eingerichtet. Am Schluss kam natürlich wieder die Frage nach der "social security number", welche wir nicht haben. Die einzige Alternative dazu war, mit dem Pass im örtliche Büro des Gasanbieters vorbeizufahren. Dumm nur, dass dieses am anderen Ende der Stadt liegt und dessen Öffnungszeiten sich kaum mit den Arbeitszeiten des Anderen verbinden ließen. Somit hatte ich den Jackpot gezogen, mit seinem Pass in der Trikottasche bei meiner morgendlichen Trainingsrunde dort vorbeizufahren. Wie zu erwarten, akzeptierten sie das ganze nicht, da sie Herrn Zeller identifizieren wollten. Ich fragte, ob sich der Account auf mich umschreiben lässt. Dann hätte ich gleich meinen Pass zeigen können und alles wäre gut gewesen. Das konnte die gute Dame am Schalter natürlich nicht durchführen, sodass ich gleich vor Ort bei der Hotline angerufen habe. Somit durfte ich mir auch nochmal das Frage-und-Antwort-Spiel antun, welchem ich am Vorabend schon beigewohnt hatte. Als ich am Ende einen menschlichen Bearbeiter am Telefon hatte, sagte der mir, dass alles umsonst war und er den Account nicht umschreiben kann. Aber ich könne die Passkopie per Fax schicken. Sowas Bescheuertes hab ich lange nicht erlebt. Ich kann den Pass von Herrn Zeller nicht vorzeigen, weil so keine Identifizierung möglich ist, aber Faxen ist ok oder was ? Naja, ich dachte mir besser nicht nachfragen. Es hat dann auf diesem Weg alles problemlos funktioniert. Aber man kanns auch umständlich machen ...
Fürs Wochenende wollte ich mit dem UCSB-Rad-Team nach Salinas zum studentischen Cross-Country-Rennen der Stanford-Uni. Da bei den "Collegiate-Races" meine deutsche Lizenz nichts wert ist, musste ich schnell noch eine Lizenz bei USA-Cycling lösen. Das ging ohne Weiteres online. Da kann der BDR sich 'ne Scheibe von abschneiden. Freitag nachmittag düsten wir also zu dritt mit Chevy-Van (10 Sitzplätze) und fettem Trailer (für locker 15 Fahrräder) nach Salinas. Totaler "Overkill". Der Durchschnittsverbrauch von dem Gespann ging schon tendenziell in Richtung Panzer. Alles sehr umweltfreundlich. Abends wollten wir noch was Essen gehen. Da ich der Einzige Ü-21-Jährige war, war es gar nicht so einfach was zu finden. Denn die lassen einen hier nicht so ohne Weiteres in die Kneipe rein. Ein Brite hatte dann Erbarmen und hat uns in seinen Pub reingelassen. So habe ich zum ersten mal in meinem Leben "Fish & Chips" gegessen. Der Hunger treibts ja  bekanntlich rein und der Verstand wieder raus. Auf Letzteres habe ich verzichtet. Am nächsten Morgen gings dann zum Wettkampf. Man hatte mir gesagt, dass es kein Problem sein sollte, meine US-Collegiate-C-Lizenz vor Ort auf eine A-Lizenz upzugraden. Dummerweise hatte der Offizielle, der das gekonnt hätte, nur seinen Vertreter geschickt. Dieser sah sich nicht in der Lage zu dieser Amtshandlung. Ich dachte mir, dass das vielleicht gar nicht so schlecht ist. Schließlich hatte mir mein Powertap bei der Vorbelastung bescheinigt, dass ich nur noch ein Schatten meiner selbst bin. Um sich wieder an die Rennbelastung zu gewöhnen, sollten 60 Minuten Wettkampfdauer gar nicht so schlecht sein. Irgendwie fühlte ich mich beim Rennen dann doch deutlich besser als gedacht. Über die Konkurrenz brauchte ich mir keine Sorgen machen, da die nach den ersten 200 Metern die Segel gestrichten hatte. Ich rauschte also von hinten in die vor uns gestarteten Felder der Damen-, B- und A-Klasse hinein. Endlich mal wieder Slalom-Training. Die Strecke war wie gemacht für mich. 2,5 Meilen bergauf und dann 2 Meilen schön schnell bergab. Mit Cross-Country wie wir es kennen, hatte es allerdings nicht sonderlich viel zu tun. Aber der sandige Untergrund hatte auch so seine Tücken. Am Ende der zweiten Runde hats mir dann in einer Kurve den Vorbau verdreht. Ich war halt doch etwas ängstlich beim Anziehen der Titanschrauben beim Zusammenbau nach dem Flug (Drehmomentschlüssel habe ich ja keinen mit). Also hab ich in der Start-Ziel-Passage einen lupenreinen Salto hingelegt. Unter dem Applaus der Zuschauer nahm ich das Vorderrad zwischen die Beine und zog die Sache wieder gerade. Im Folgenden war ich etwas vorsichtiger, um nicht nochmal im Dreck zu landen. Resultate habe ich zwar bisher keine gesehen, aber ich glaube, dass ich fast das ganze C-Feld überrundet habe. Und das bei 3 Runden á 20min. Ich glaube, die hassen mich jetzt. Mit meinen Rundenzeiten hätte ich wahrscheinlich auch das A-Rennen gewonnen, aber so wars ein typischer Fall von "dumm gelaufen". Ich fuhr anschließend noch zwei Stunden aus und schaute dann beim Super-D-Rennen zu (eine Art Downhill für Softies). Am Abend kamen noch die Eltern von einem anderen Mitfahrer zu Besuch und wir gingen gemeinsam Essen. Auf die Weise hab ich einen echten Klischee-Texaner kennen gelernt. Einfach nur "crazy" der Mann. Er klärte mich auf, dass unsere Bundeskanzlerin (deren Namen er aber nicht kannte) gesagt haben soll, dass in Deutschland zwei von drei Neugeboren muslimische Eltern haben. Ich hielt hart dagegen, da mir das praktisch unmöglich vorkommt. Oder habe ich was verpasst? Ich bitte um Aufklärung! Kurz vor der Eskalation passierte im Baseballspiel, welches im Fernsehen lief, irgendwas Entscheidendes, was zur sofortigen Beendigung der Diskussion führte. Nochmal Glück gehabt. Der Herr war aber offensichtlich auch nicht mehr ganz nüchtern. So ging der Abend dann doch friedlich zu Ende.
Am Sonntag wollte ich evtl. noch im Short-Track-Rennen (30 Minuten auf einer 1 km-Runde) an den Start gehen. Außerdem wollten noch andere Fahrer aus Santa Barbara für das Downhill-Rennen zu uns stoßen. Aufgrund von (mäßigem) Regen wurde der zweite Wettkampftag komplett abgesagt. Sowas habe ich auch nicht erlebt. Wir fuhren gleich heim. Nachmittags fuhr ich nochmal die gleiche Runde mit dem Rennrad, wie letztes Wochenende. Nur diesmal war unten passables Wetter und oben Wolken. Auf diese Weise konnte ich auch die "No-Shooting"-Stelle nochmal besichtigen. Es gibt dort nichts zu sehen, außer verbrannten Wald. Ich bin mir mittlerweile fast sicher, dass damit wirklich Schusswaffengebrauch gemeint ist. Schließlich war ich kurz voher an einem Schießsstand vorbei gekommen. Sicherheitsvorkehrungen oder sowas gab es dort  nicht. Wenn dort mal jemand schlecht zielt, siehts trübe aus. Aber es gibt hier so einige komische Sachen. Z. B. "Speed enforced by aircraft", was bedeutet, dass Geschwindigkeitskontrollen mit dem Flugzeug durchgeführt werden. Klingt sehr effizient. Wahrscheinlich dient es aber doch bloß der Abschreckung. Am Ende der gestrigen Radrunde hats nochmal nen lauten Knall gegeben. Mein dritter Platten mit dem Rennrad, seitdem ich hier bin. In dem halben Jahr hier brauche ich wahrscheinlich soviele Schläuche, wie bisher in meinem ganzen Leben zusammengenommen nicht. Bald kann ich den Schlauchwechsel inkl. Aufpumpen auf sechs bar auch beim Rennrad in vier Minuten (bei fünf bin ich schon).
Nachdem ich die letzten drei Wochen ordentlich trainiert habe, gehts jetzt erstmal in die Regenerations-Woche. Das Wetter soll auch wieder etwas besser werden, als die vergangenen Tage. Es hat nämlich ganz schön viel geregnet. Bei 16 °C ist das zwar angenehm, aber der Sand auf den Straßen klebt am Renner wie die Pest. Der Einzige Trost ist, dass danach Kettenblätter und Kette glänzen, weil sie frisch "befeilt" sind.
Mit dem Beleg scheints auch vorwärts zu gehen. Die vergangenen Wochen habe ich mich nur mit Bleistift und Papier rumgeschlagen. Aber die numerischen Ergebnisse stimmen offenbar erstaunlich gut mit dem überein, was ich aus dem Kaffeesatz rausgelesen habe.

Montag, 18. Oktober 2010

Buzz Cut, über den Wolken und Hollywood

So, die letzte Woche war nicht viel los. Dafür umso mehr am Wochenende. Für Samstag früh hatte ich mir vorgenommen, zum Frisör zu gehen. Der andere Sebastian war unter der Woche schon dort gewesen und hatte mich vorm günstigen "Buzz Cut" (=alles weg) gewarnt. Als ich beim Barber-Shop ankam, wurde nur ein Einziger schon frisiert und sonst wartete keiner. Derjenige der vor mir dran war hatte bereits fast keine Haare mehr auf dem Kopf. Der vollkommen tätowierte Mexikaner, der hier die Leute bearbeitete, sah auch eher wie ein Fleischer aus. Sollte also schnell gehen. Dachte ich jedenfalls. Tatsächlich schaffte es der Mexikaner dann mit vier verschiedenen Trimmern die Haare des Mannes vor mir von vielleicht 1.5 mm auf 0.2 mm zu reduzieren. Bis dahin hatte ich schon geschlagene 40 Minuten gewartet. Zur Krönung schäumte er den Kopf des Klienten dann noch vollkommen ein und reduzierte mit dem Rasiermesser penibelst auf 0.0 mm. Gesamtzeit: 50 Minuten. Das wäre sicher auch in einem Durchgang möglich gewesen. Ich war dann aber immerhin sofort dran und versuchte ihm zu erklären, wie er mir die Haare schneiden soll. So einen komplizierten Haarschnitt macht er sicher selten. Gesessen hat man dann dort mit Blick auf einen riesigen LCD-Fernseher. Die Fragen, wie er denn schneiden soll, konnte ich kaum beantworten, da man ja ohne Spiegel schlecht einschätzen kann, wie man gerade aussieht. Der Mexikaner zerrte ziemlich erbarmungslos an meinen Haaren dran herum. Glücklicherweise dauerte es bei mir nur vielleicht 20 Minuten inklusive Feinschliff mit dem Rasiermesser. Das Ergebnis war zwar nicht besonders toll, aber auch kein Totalschaden. Dass nächste Mal probiere ich vielleicht das "Hair-Studio" um die Ecke.
über den Wolken
 Samstag nachmittag wollte ich dann noch eine Runde mit dem Rad drehen. In Santa Barbara war ziemlich mieses Wetter. Vielleicht 16 °C und Nieselregen. Also entschied ich mich für die Flucht in die Berge, in der Hoffnung über die Wolken zu kommen. Kurz vorm Beginn des Anstiegs auf der San Marcos Road umrundete mich ein Mountainbiker. Er trat ständig an, wartete dann wieder, trat wieder an und so weiter. Ich fuhr einfach gemütlich weiter. Am Anfang der Steigung setzte er dann die finale Attacke. Ich kam leider nicht über den Kompensationsbereich hinaus, sodass ich nichts entgegensetzen konnte. Ich vermutete aber, dass wir uns nochmal wieder sehen würden. Nachdem er am Anfang an Land gewonnen hatte, kam er dann auch nicht mehr richtig weiter vorwärts. Irgendwann begann sich dann der Abstand wieder zu reduzieren, obwohl ich immer noch relativ gemütlich fuhr. Jedenfalls soweit das im Rahmen von einer 10 %igen Steigung bei 39-27 überhaupt möglich ist. Das machte ihn sichtbar nervös und er drehte sich ständig um, versuchte zu attackieren, wurde wieder langsamer und so weiter. Irgendwann war es dann um ihn geschehen. Er war ziemlich zerknirscht, aber ich verkniff mir einen Kommentar. Irgendwie peinlich.
Die Wolken hatten sich auch noch nicht verzogen. Ich fuhr dann an einer angemalten Höhle ("painted cave") vorbei. Da ich nichts zum Rad anschließen bei mir hatte, verzichtete ich aber auf einen Besuch und fuhr weiter den Berg hoch. Jenseits der 1000 Meter über NN gelange es mir tatsächlich die Wolken zu durchbrechen. Schlagartig waren wieder sommerliche Temperaturen. So konnte ich den weiteren Anstieg über den "East Camino Cielo" zum "La Cumbre Peak" richtig genießen. Letzterer überragt den Fichtelberg um einen sensationellen Meter. Von hier aus ging es dann bergab. Zunächst kam ich an der Raketenabschussbasis der örtlichen Kriegsspieler vorbei. Sie ballerten ziemlich sinnlos Raketen in den Himmel. Natürlich ohne hübsche bunte Effekte ... Hauptsache laut. Kurz darauf tauchte ich wie ein Adler in die Wolkendecke ein. Temperatursturz um gefühlte 30 °C. Zum Glück hatte ich die Windjacke daheim gelassen.
Lasagne ... wie zu Hause, nur besser
Die Sichtweite reduzierte sich bald auf vielleicht fünf Meter. So eine Suppe habe ich noch nie erlebt. An einer Stelle konnte ich am Rand einer Serpentine gerade noch einige Schilder mit der Aufschrift "No shooting here" erkennen. Ich übersetzte "Keine Schießereien hier", kann mir aber bisher noch keinen Reim drauf machen. Ist sowas denn sonst erlaubt? Eine vage Erklärungsmöglichkeit könnte sein, "shooting" mit Foto-Shooting in Zusammenhang zu bringen. Aber so ganz klar ist mir das alles noch nicht. Weiterhin warnte mich kurz darauf ein auf die Straße gemaltes "HOLE" vor einem Riesenschlagloch, dass über die ganze Straße ging. Toll, wenn man das fünf Meter vorne weg sieht und das Ding zu lang zum Drüberspringen und zu breit zum Ausweichen ist (jedenfalls aus der Distanz). Also voll durchgepoltert. Das Rad hat gehalten, aber ich wettete auf einen Durchschlag. Erstaunlicherweise passierte nichts. Zum Glück hatte ich ja vor der Tour nochmal die Reifen auf 8,5 bar aufgeblaßen. Irgendwann war ich dann wieder unten in Santa Barbara bei saumäßigen 16 °C und Nieselregen. In Anbetracht der Wettervorhersage für Deutschland, die ich am Morgen gelesen hatte, konnte ich mich noch zu einer Runde durch das noble Montecito motivieren, um dann am Strand heimzugammeln.
Wir bereiteten abends dann eine Wahnsinns-Lasagne zu und schauten "Predator" mit Gouverneur "Arnie" in der Hauptrolle. 
Weißer Hai
Am Sonntag morgen standen wir um 7:30 Uhr erneut bei Sauwetter am Bus, um mit der ISA (International Student Association) nach Hollywood zum Universal-Studios-"Themenpark" zu fahren. Man hätte es besser "Fresspark" genannt. 99% der Fläche war mit Fressbuden zugepflastert. Der Rest wurde von den "Attraktionen" beansprucht. Da ich ja alles andere als ein Film- und Fernsehkenner bin, fand ich das alles nicht so wahnsinnig überwältigend. OK, die Achterbahn im Dunkeln mit anschließendem Rückwärtsfahren sowie die überdimensionale Wildwasserfahrt mit praktisch Freiwall hatten was. Natürlich wurde an den beschleunigungsintensivsten Stellen von den installierten Kameras Bilder gemacht, die man sich hätte kaufen können. Wir verzichteten dankend, da die wirklich peinlich waren. Die Zeit war dann recht schnell rum. Viel Lust hatte ich auch nicht mehr. Man kanns mal gesehen haben, aber umgehauen hats mich nicht. Abends bin ich nur noch ins Bett gefallen.
Mein neues Auto
Heute morgen war der Hinterreifen am Rennrad natürlich platt. Also Ursachenforschung. Das übliche Programm: Schlauch raus, aufpumpen und unter Wasser schauen, wo die Bläschen kommen ... es kamen natürlich keine. Ich begann schon langsam zu überlegen, wer mir hier einen Streich gespielt haben könnte (der Andere ist zu bieder für sowas). Ich bließ den Schlauch dann zur Sicherheit doch nochmal auf 1,5 m Durchmesser auf und versuchte es mit unter Wasser halten. Tatsächlich kamen dann doch ein paar Bläschen. Ein mikroskopisch kleines Loch. Mit Adleraugen erkannte ich dann auch noch die andere Seite vom Durchschlag, sodass zumindestens die Ursache klar war. Mein Gefühl beim "HOLE" hatte mich also nicht getäuscht. Nach der Reparatur konnte ich dann meine morgendliche Runde bei deutlich angenehmeren trockenen Bedingungen fahren.
Grade eben hatten wir noch eine kleine Havarie mit der Toilette. Kein Wunder, da bei der 2 inch Rosette mit engem S-Schlag nicht viel durchpasst. Wir rätselten, was wir zum rumstochern haben könnten. Ich kam dann auf die sensationelle Idee, das wir ja einen von unseren 25 Kleiderbügeln zum Preis von 2$ (also die gesamte Packung) opfern könnten. Nach einigen Bruchzähigkeitsversuchen stellte sich heraus, dass das Material äußerst biegsam und somit hervorragend geeignet ist. Der Andere führte die Drecksarbeit zur Zufriedenheit aus, sodass wir jetzt wieder sorgendrei sch*****, äh ... aufs Klo gehen können.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Santa Ynez Peak


Lake Cachuma
 Heute hatte ich vor, über den Highway 101 nach Nordwesten zu fahren, um dann die Refugio Road in Angriff zu nehmen. Mir war das Ganze als schöne Variante ins Santa Ynez Valley empfohlen worden. Daher plante ich auf dem Rückweg über Lake Cachuma und San Marcos Pass Road zu fahren. Der Anstieg vom Meer ins Hinterland begann zunächst relativ gemütlich. Irgendwann wurde es dann aber plötzlich richtig steil. Gegen diese Rampen sind Alp d'Huez, Ventoux, Galibier & Co. der reinste Lacher. Im steilsten Stück betrug die Durschnittssteigung wohl um die 15% auf einen knappen Kilometer. Diesmal hätte ich mir wirklich eine Dreifach- oder zumindestens Compact-Kurbel gewünscht. Es gab zwar immer mal wieder kurze flachere Abschnitte, aber 10% Steigung und mehr waren die Regel. Auch diesmal war es wieder brütend heiß, wenngleich das Thermometer nur "angenehme" 35 °C zeigte. Allerdings war ich immerhin so intelligent gewesen, drei Trinkflaschen mitzunehmen. Das letzte Mal, dass das alleinige Bewältigen des Berges so anstrengend war, war in den Alpen mit dem MTB am Madritschjoch (auch damals hatte ich keine der Situation angepasste Übersetzung). Irgendwann kam ich an die Kreuzung, an der ich eigentlich ins Santa-Ynez-Valley runterfahren wollte. Mein Ratgeber hatte nur nicht erwähnt, dass es sich hierbei um eine Schotterstraße handelt. Der einzige Asphaltweg, der weiterführte, ging bergauf. Ich hatte keine Ahnung wohin der Weg führte, schließlich mangelt es nach wie vor an gescheitem Kartenmaterial (ich weiß aber mittlerweile, wo ich es herkriegen kann). Aber da ich schonmal hier war, wollte ich auch wissen, wo der Weg rauskam. Die Richtung war so schlecht nicht. Vielleicht konnte ich ja hier direkt zum San Marcos Pass fahren. Die Straße war auch in deutlich besserem Zustand als der Abschnitt zuvor und die Steigung war recht angenehm geworden. Mit der Zeit wurde mir klar, dass die Straße auf den höchsten Berg, den ich vom Tal aus sehen konnte, führen musste.
Blick auf den Santa-Ynez-Peak
Das letzte Stück war leider nicht mehr mit dem Rennrad zu bewältigen, sodass ich zum knapp daneben liegenden "Nebengipfel" hochfuhr. Dort gab es ein stacheldrahtumzeuntes Observatorium zu bewundern. Keine Ahnung, was die dort oben Geheimes beobachten. Der Ausblick auf den Pazifik und in die andere Richtung ins Santa-Ynez-Valley zum Lake Cachuma war durchaus schön, wenngleich etwas diesig. Zurück musste ich wohl aber übel den gleichen Weg nehmen, den ich gekommen war. Auf halber Strecke musste ich erstmal kurz anhalten, um die Felgen abkühlen zu lassen und meine Finger zu lockern. Ich habe zwar schon etwas Fingerkräftigung beim Hallenklettern im Recreation Center gemacht, aber das Bremsen bei dieser Steigung war fast so anstrengend, wie das berghoch fahren. Ich fuhr dann über den Highway 101 zurück, drehte noch eine nette Runde durch Santa Barbara, um am Strand lang nach Hause zurück zu fahren.
Nach ausführlicher Recherche konnte ich dem Berg den Namen "Santa Ynez Peak" (1310 m) zuordnen. Also höher als der Fichtelberg das Ding. Und dazu noch mit Anstieg vom Meeresniveau aus. Wenn ich den nicht asphaltierten Weg (West Camino Cielo) zum Gipfel und dann weiter gefahren wäre, wäre ich tatsächlich an der San Marcos Road rausgekommen. Das nächste Mal nehme ich das Mountainbike. Da habe ich wenigstens eine adäquate Übersetzung. Außerdem habe ich viele Stellen gesehen, die sehr zu einer MTB-Tour einladen.

Samstag, 9. Oktober 2010

Stabilitätsprobleme und Tücken des Alltags

So, ist eine Weile her, dass ich das letzte Mal was von mir hören lassen habe. Das lag aber daran, dass wir immer bis abends gut ausgelastet waren.
Unimäßig wird es wohl so sein, dass ich mich mit dem Gecko beschäftige. Momentan dreht sich aber erstmal alles um relativ elementare Probleme. Im Kern geht es darum, was passiert, wenn der Gecko mit seinem Fuß gegen die Wand drückt. Auf selbigem sitzen jede Menge kleine "Zylinder". Bei ausreichender Druckkraft machen die mehr oder weniger das (hoffentlich) in der Animation zu sehende. Man kennt das ja auch, wenn man auf ein Lineal oder ähnliches drückt. Wenn dem Gecko das bei allen Füßen gleichzeitig passiert ist es natürlich erstmal Pech für ihn, weil er dann runterfällt. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass er das auch elegant zum Laufen nutzen kann. Wenn er mit dem Fuß fest an der Wand klebt, nützt ihm das ja auch alles nichts, weil er nicht weiterkommt. Stößt er sich aber nun mit einem Fuß beim Rennen ab (wie wir es ja zumindestens beim Rennen auch machen), dann entsteht der gezeigte Effekt. Natürlich ist das alles rein spekulativ. Ich muss irgendwie erstmal Überblick im Gewirr der schon vorhandenen Literatur kriegen (es gibt tausende Veröffentlichungen dazu).
Mein Kollege Zeller wird sich ganz gemeinen Problemen über das Zusammenspiel von Elektrostatik und Mechanik widmen. Das entzieht sich natürlich wesentlich mehr der Vorstellungskraft, als mein fürs erste relativ anschauliches Problem. Das hat dann auch dazu geführt, dass wir gestern den halben Tag den Sinn und Unsinn von Maxwell-Spannungen und anderem unverständlichem Zeug erörtert haben.
Da ich früh noch Radfahren gewesen war, wollte ich dann gestern noch etwas länger an der Uni bleiben. Nachdem ich für ein ziemlich einfaches Problem in drei Anläufen drei verschiedene Lösungen ausgerechnet hatte, die alle der Plausibilitätskontrolle nicht standhielten, schien ich schließlich endlich auf dem richtigen Weg zu sein. Kurz bevor ich fertig war, fing es dann plötzlich auf dem Flur laut zu hupen an. Ich vermutete Feueralarm, checkte kurz für den Fall der Fälle den Fluchtweg durchs Fenster, rechnete noch schnell zu Ende und packte dann meine Sachen. Als ich aus der Tür trat, wäre mir beinahe das Trommelfell geplatzt, da genau neben der Tür die Feueralarm-Sirene saß. Im Treppenhaus wurde ich dann fast von drei bis an die Zähne bewaffneten Feuerwehrmännern über den Haufen gerannt. Gegen die würden die deutschen Feuerwehrmänner mit ihren Playmobil-Äxten ziemlich armselig wirken. Draußen war gerade die Polizei damit beschäftigt, alle Passanten mehr oder weniger sanft des Geländes zu verweisen. Ich bin ja gespannt, ob es bloß eine Übung oder doch ein E-Fall war. Jedenfalls roch es etwas komisch (allerdings nicht verbrannt).
Um auf den Großen Beleg des jungen Herrn Zeller zurückzukommen: Er schreibt ihn vielleicht auch besser über elementare Probleme des Alltags. Er hat sich nämlich einen tollen amerikanischen Wäscheständer gekauft. Ich habe ihn gleich davor gewarnt, dass das Ding statisch unterbestimmt sein könnte. Aber er wollte es mir einfach nicht glauben.
 Der Versuch hat gezeigt, dass ich recht hatte, denn das Ding ist erstmal in sich zusammengestürzt. Ich habe den pragmatischen Ansatz gewählt und zwei Leinen durchs Zimmer gespannt. Das ist natürlich nicht so ästhetisch wie der Wäscheständer, aber immerhin funktioniert es.
Außerdem hat der Andere aufblasbare Sessel bestellt. Da die Dinger billig waren hab ich auch gleich einen mitbestellt. Die Pumpe, die mit dazu war, mussten wir erstmal instand setzen, bevor wir sie das erste Mal im Einsatz hatten. Nach gefühlten 100000 Hüben entfalteten sich dann unsere Sessel in ihrer ganzen Größe. Die Dinger beanspruchen wahrscheinlich ein Viertel der gesamten Wohnfläche.
Leider ist es zu anstrengend, die Sessel nur dann aufzublasen, wenn man sie braucht. Wir hätten vielleicht doch den optionalen Kompressor mitbestellen sollen. Aber immerhin gibt es einen eingebauten Flaschenhalter und einen Fußhocker ... wenn das mal nichts ist. Sollten die Dinger platzen, haben die Häuser im Umkreis aber wahrscheinlich keine Fensterscheiben mehr.
Außerdem macht sich bezüglich des Essens nach der ersten Freude, dass es fast alles gibt, was man bei uns auch im Regal findet, so langsam die Ernüchterung breit. Da soll zwar das Gleiche drin sein, aber das Meiste schmeckt einfach nur erbärmlich. So strömt einem schon beim Öffnen des Balsamico-Essigs ein übelriechender Duft entgegen. So stelle ich mir in etwa den Duft der Ausscheidungen der kalifornischen Kettennatter vor, die sie ausstößt, wenn sie sich bedroht fühlt. Unser Spümittel riecht  auch nicht besser. Über Ursachen klärt üblicherweise der "Ingredients"-Abschnitt auf der Packung auf. Als ich kürzlich Zwiebeln und Salami in einer Pfanne gemeinsam braten wollte, habe ich ziemlich dumm geguckt, wie plötzlich die Zwiebeln die Farbe der Salami angenommen haben. Kein Kommentar dazu. Gestern abend hat sich der Andere ein Fertigessen mit der Bezeichnung "Hungry Man" in den Ofen geschoben. Auch hier hatte ich schon beim Einkauf gewarnt. Das Resultat war ja vorherzusehen. Auch hierzu kein Kommentar.
Jedenfalls hat das das Fass zum Überlaufen gebracht, sodass wir jetzt zumindestens am Wochenende selber kochen werden. Also war heute erstmal Aufmunitionieren angesagt. Gar nicht so leicht, solche Sachen wie Soßenbinder, Gemüsebrühe, usw. zu finden. Über die Endsumme, die wir schließlich blechen mussten, rede ich besser nicht. Aber wenn eine kleine Gewürzdose fünf Dollar kostet, ist das halt so. Immerhin haben wir sogar Mehl gefunden. Denn das Brot hier ist grausam. Und da die Mittagessensversorgung auf dem Unigelände nicht so der Hit (bzw. sauteuer) ist, sind wir mehr oder weniger darauf angewiesen. Wir werden also zum Selber-Backen übergehen müssen. Die einzige Unbekannte im Gleichungssystem ist noch die Verfügbarkeit von Hefe. Aber ich kann mich entsinnen, dass ich mal ein Brot ohne Hefe gebacken habe. Und das war nach meiner Erinnerung "not too bad". Interessant war auch, dass zum Kaufen von Weißwein (für unsere Feinschmecker-Soßen) unser Visum erforderlich war.
Ansonsten mussten wir uns noch die ganze Zeit mit Cox rumschlagen. Das ist sowas wie die Telekom (bzw. T-Online). Natürlich mit vergleichbarer Servicequalität. Da der Herr im Zimmer neben mir unbedingt eine Glotze braucht, war das alles gar nicht so einfach. Eigentlich hatten wir ja die Hoffnung, zumindestens das Internet mit dem WLAN unserer Apartment-Nachbarn teilen zu können. Aber ausgerechnet dort ist uns der erste nicht kooperative Mensch hier über den Weg gelaufen. Er fühlt sich "not comfortable" damit. Wir vermuten mittlerweile, dass er Franzose ist, da die Amerikaner alle äußerst freundlich und hilfsbereit sind. Auch das Bezahlen der Stromrechnung war nicht ganz ohne, da dass nur mit Scheck oder sog. Money-Order geht.
Ansonsten war ich auch mal eine Runde mit dem UCSB-Radteam unterwegs. Dort werde ich mich wohl früher oder später einklinken, um zu den Rennen hier zu kommen. Beinahe hätte ich mich dazu hinreißen lassen, schon an diesem Wochenende mit zu einem Cross-Country-Rennen nach Nevada zu fahren. Aber die Vernunft hat noch einmal gesiegt.
Heute waren wir zum Mittag am Strand vom Goleta zum Barbecue der ISA (International Students Association). Dort gabs fetten amerikanischen Burger und Hotdogs. Ich hab mich deshalb danach aufs Rad verzogen um die Energiebilanz wieder zurecht zu rücken. Das ganze natürlich bei bestem Wetter mit Sonnenschein und Temperaturen um die 70 °F. Die Sonne war nach dem Regen vom Montag auch dringend nötig ...
Weiterhin habe ich mir ein Gurke für die Stadt angeschafft, da ich meine Räder nur ungern draußen stehen lasse. Ich konnte sogar ein echtes Kona mit Stahlrahmen für umgerechnet 70 Euro auftreiben. Das Tretlager sitzt so hoch, dass ich kaum aufsteigen kann und der Lenker ist voll Downhill-tauglich. Die Billig-Federgabel von RST hat mich echt zum Staunen gebracht. Ich bin noch nichts gefahren, was derartig sensibel auf Bordsteinkanten und Ähnliches reagiert. So gut war selbst meine alte Fox nicht. Als ich dann übermütig wurde und mehrere Schläge hintereinander kamen, wurde mir die Ursache dann aber bewusst. Schon beim zweiten Einfedern war das Ding praktisch zur Starrgabel mutiert. Diagnose: völlig überdämpft. Aber das Rad ist immerhin ein Fortschritt um 2300% gegenüber meiner Kiste in Dresden, was die Anzahl der Gänge betrifft. Es funktioniert auch alles tadellos, sodass ich guter Hoffnung bin, am Ende der Zeit hier das Ding zumindestens ohne Verlust wieder los zu werden.