Montag, 18. Oktober 2010

Buzz Cut, über den Wolken und Hollywood

So, die letzte Woche war nicht viel los. Dafür umso mehr am Wochenende. Für Samstag früh hatte ich mir vorgenommen, zum Frisör zu gehen. Der andere Sebastian war unter der Woche schon dort gewesen und hatte mich vorm günstigen "Buzz Cut" (=alles weg) gewarnt. Als ich beim Barber-Shop ankam, wurde nur ein Einziger schon frisiert und sonst wartete keiner. Derjenige der vor mir dran war hatte bereits fast keine Haare mehr auf dem Kopf. Der vollkommen tätowierte Mexikaner, der hier die Leute bearbeitete, sah auch eher wie ein Fleischer aus. Sollte also schnell gehen. Dachte ich jedenfalls. Tatsächlich schaffte es der Mexikaner dann mit vier verschiedenen Trimmern die Haare des Mannes vor mir von vielleicht 1.5 mm auf 0.2 mm zu reduzieren. Bis dahin hatte ich schon geschlagene 40 Minuten gewartet. Zur Krönung schäumte er den Kopf des Klienten dann noch vollkommen ein und reduzierte mit dem Rasiermesser penibelst auf 0.0 mm. Gesamtzeit: 50 Minuten. Das wäre sicher auch in einem Durchgang möglich gewesen. Ich war dann aber immerhin sofort dran und versuchte ihm zu erklären, wie er mir die Haare schneiden soll. So einen komplizierten Haarschnitt macht er sicher selten. Gesessen hat man dann dort mit Blick auf einen riesigen LCD-Fernseher. Die Fragen, wie er denn schneiden soll, konnte ich kaum beantworten, da man ja ohne Spiegel schlecht einschätzen kann, wie man gerade aussieht. Der Mexikaner zerrte ziemlich erbarmungslos an meinen Haaren dran herum. Glücklicherweise dauerte es bei mir nur vielleicht 20 Minuten inklusive Feinschliff mit dem Rasiermesser. Das Ergebnis war zwar nicht besonders toll, aber auch kein Totalschaden. Dass nächste Mal probiere ich vielleicht das "Hair-Studio" um die Ecke.
über den Wolken
 Samstag nachmittag wollte ich dann noch eine Runde mit dem Rad drehen. In Santa Barbara war ziemlich mieses Wetter. Vielleicht 16 °C und Nieselregen. Also entschied ich mich für die Flucht in die Berge, in der Hoffnung über die Wolken zu kommen. Kurz vorm Beginn des Anstiegs auf der San Marcos Road umrundete mich ein Mountainbiker. Er trat ständig an, wartete dann wieder, trat wieder an und so weiter. Ich fuhr einfach gemütlich weiter. Am Anfang der Steigung setzte er dann die finale Attacke. Ich kam leider nicht über den Kompensationsbereich hinaus, sodass ich nichts entgegensetzen konnte. Ich vermutete aber, dass wir uns nochmal wieder sehen würden. Nachdem er am Anfang an Land gewonnen hatte, kam er dann auch nicht mehr richtig weiter vorwärts. Irgendwann begann sich dann der Abstand wieder zu reduzieren, obwohl ich immer noch relativ gemütlich fuhr. Jedenfalls soweit das im Rahmen von einer 10 %igen Steigung bei 39-27 überhaupt möglich ist. Das machte ihn sichtbar nervös und er drehte sich ständig um, versuchte zu attackieren, wurde wieder langsamer und so weiter. Irgendwann war es dann um ihn geschehen. Er war ziemlich zerknirscht, aber ich verkniff mir einen Kommentar. Irgendwie peinlich.
Die Wolken hatten sich auch noch nicht verzogen. Ich fuhr dann an einer angemalten Höhle ("painted cave") vorbei. Da ich nichts zum Rad anschließen bei mir hatte, verzichtete ich aber auf einen Besuch und fuhr weiter den Berg hoch. Jenseits der 1000 Meter über NN gelange es mir tatsächlich die Wolken zu durchbrechen. Schlagartig waren wieder sommerliche Temperaturen. So konnte ich den weiteren Anstieg über den "East Camino Cielo" zum "La Cumbre Peak" richtig genießen. Letzterer überragt den Fichtelberg um einen sensationellen Meter. Von hier aus ging es dann bergab. Zunächst kam ich an der Raketenabschussbasis der örtlichen Kriegsspieler vorbei. Sie ballerten ziemlich sinnlos Raketen in den Himmel. Natürlich ohne hübsche bunte Effekte ... Hauptsache laut. Kurz darauf tauchte ich wie ein Adler in die Wolkendecke ein. Temperatursturz um gefühlte 30 °C. Zum Glück hatte ich die Windjacke daheim gelassen.
Lasagne ... wie zu Hause, nur besser
Die Sichtweite reduzierte sich bald auf vielleicht fünf Meter. So eine Suppe habe ich noch nie erlebt. An einer Stelle konnte ich am Rand einer Serpentine gerade noch einige Schilder mit der Aufschrift "No shooting here" erkennen. Ich übersetzte "Keine Schießereien hier", kann mir aber bisher noch keinen Reim drauf machen. Ist sowas denn sonst erlaubt? Eine vage Erklärungsmöglichkeit könnte sein, "shooting" mit Foto-Shooting in Zusammenhang zu bringen. Aber so ganz klar ist mir das alles noch nicht. Weiterhin warnte mich kurz darauf ein auf die Straße gemaltes "HOLE" vor einem Riesenschlagloch, dass über die ganze Straße ging. Toll, wenn man das fünf Meter vorne weg sieht und das Ding zu lang zum Drüberspringen und zu breit zum Ausweichen ist (jedenfalls aus der Distanz). Also voll durchgepoltert. Das Rad hat gehalten, aber ich wettete auf einen Durchschlag. Erstaunlicherweise passierte nichts. Zum Glück hatte ich ja vor der Tour nochmal die Reifen auf 8,5 bar aufgeblaßen. Irgendwann war ich dann wieder unten in Santa Barbara bei saumäßigen 16 °C und Nieselregen. In Anbetracht der Wettervorhersage für Deutschland, die ich am Morgen gelesen hatte, konnte ich mich noch zu einer Runde durch das noble Montecito motivieren, um dann am Strand heimzugammeln.
Wir bereiteten abends dann eine Wahnsinns-Lasagne zu und schauten "Predator" mit Gouverneur "Arnie" in der Hauptrolle. 
Weißer Hai
Am Sonntag morgen standen wir um 7:30 Uhr erneut bei Sauwetter am Bus, um mit der ISA (International Student Association) nach Hollywood zum Universal-Studios-"Themenpark" zu fahren. Man hätte es besser "Fresspark" genannt. 99% der Fläche war mit Fressbuden zugepflastert. Der Rest wurde von den "Attraktionen" beansprucht. Da ich ja alles andere als ein Film- und Fernsehkenner bin, fand ich das alles nicht so wahnsinnig überwältigend. OK, die Achterbahn im Dunkeln mit anschließendem Rückwärtsfahren sowie die überdimensionale Wildwasserfahrt mit praktisch Freiwall hatten was. Natürlich wurde an den beschleunigungsintensivsten Stellen von den installierten Kameras Bilder gemacht, die man sich hätte kaufen können. Wir verzichteten dankend, da die wirklich peinlich waren. Die Zeit war dann recht schnell rum. Viel Lust hatte ich auch nicht mehr. Man kanns mal gesehen haben, aber umgehauen hats mich nicht. Abends bin ich nur noch ins Bett gefallen.
Mein neues Auto
Heute morgen war der Hinterreifen am Rennrad natürlich platt. Also Ursachenforschung. Das übliche Programm: Schlauch raus, aufpumpen und unter Wasser schauen, wo die Bläschen kommen ... es kamen natürlich keine. Ich begann schon langsam zu überlegen, wer mir hier einen Streich gespielt haben könnte (der Andere ist zu bieder für sowas). Ich bließ den Schlauch dann zur Sicherheit doch nochmal auf 1,5 m Durchmesser auf und versuchte es mit unter Wasser halten. Tatsächlich kamen dann doch ein paar Bläschen. Ein mikroskopisch kleines Loch. Mit Adleraugen erkannte ich dann auch noch die andere Seite vom Durchschlag, sodass zumindestens die Ursache klar war. Mein Gefühl beim "HOLE" hatte mich also nicht getäuscht. Nach der Reparatur konnte ich dann meine morgendliche Runde bei deutlich angenehmeren trockenen Bedingungen fahren.
Grade eben hatten wir noch eine kleine Havarie mit der Toilette. Kein Wunder, da bei der 2 inch Rosette mit engem S-Schlag nicht viel durchpasst. Wir rätselten, was wir zum rumstochern haben könnten. Ich kam dann auf die sensationelle Idee, das wir ja einen von unseren 25 Kleiderbügeln zum Preis von 2$ (also die gesamte Packung) opfern könnten. Nach einigen Bruchzähigkeitsversuchen stellte sich heraus, dass das Material äußerst biegsam und somit hervorragend geeignet ist. Der Andere führte die Drecksarbeit zur Zufriedenheit aus, sodass wir jetzt wieder sorgendrei sch*****, äh ... aufs Klo gehen können.

5 Kommentare:

  1. "No shooting" bedeutet definitiv "Nicht fotografieren!" Und dass die Amis so kleine Scheißhausabflüsse bauen, verstehe ich auch nicht, oder deren Nahrung ist völlig ballaststofffrei, was evtl. den einen oder anderen Ausrutscher im Body-Mass-Index erklärt. Nun denn, bin heute bei Schiffe selbst mal mit Powertap nen Berg hochgeradelt, und siehe da, 400 Watt bergauf tun auf Dauer höllisch weh. Da man(n) den Berg auch wieder runter muss, bin ich den (nicht im Nebel und ohne Schlaglöcher) wieder runtergedüst - bei 600 Watt. Ich werde 2011 nur noch Downhillrennen fahren. Viele Grüße in die USA!

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  2. Laut Leo ist "shooting" auch "filmen". Aber mir ist nicht klar, wieso man in einer Serpentine nicht filmen darf. OK, ich hab nichts gesehen. Ich sollte vielleicht nochmal bei besserem Wetter vorbeifahren, vielleicht verstehe ich es dann.
    Wenn du das mit der Leistung auch umgekehrt schaffst (also 600 Watt bergauf und 400 Watt bergab) bist du mein Held. Stichwort: Leistung, Luftwiderstand (diskutiert in Eibenstock, Strömungswiderstandskoeffizient, "Antriebsleistung ist ... proportional zur dritten Potenz der Geschwindigkeit")

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  3. Ach übrigens, was mir grade noch einfällt: An der ballaststofffreien Ernährung kanns nicht liegen. Hier stehen auf jeder Verpackung drei Dinge drauf:
    1. A good source of fibre (also Balaststoffe)
    2. 0% Trans-Fat
    3. A good source of protein

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  4. Gruß, "Bottlethief", also wenn ich mal 600 W Dauerleistung bergauf fahre, dann musst Du Dich beim Greifenstein-Bike-Marathon nicht wundern, wenn ich Dir 16 min abnehme.
    Die Luftwiderstandskraft steigt quadratisch mit der Geschwindigkeit. Das meinte ich einst in Eierstock. Um auf die Leistung zu kommen, muss man die Kraft nochmal mit v multiplizieren, damit man auf die Einheit Nm pro s, also Watt kommt. Damit wird v kubisch. Demzufolge verachtfacht sich die Leistung, wenn man die Geschwindigkeit verdoppeln will, wenn meine Rechnung stimmt. Da hast Du völlig Recht. Bin halt schon eine Weile raus aus der Uni ... Schon krass. VG vom "Kebapseller"

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  5. Das haste aber fein gerechnet. Respekt! Aber man darf natürlich Steig- und Reibungsleistung nicht vernachlässigen. Bei kleinen Geschwindigkeiten ist der Luftwiderstand egal. Bei so nem 90 km-EZF wie damals beim GBM hat das Wissen um die Physik natürlich seine Vorteile ;-) Vorausgesetzt man hat noch genügend Sauerstoff im Hirn, um das Optimierungsproblem zu lösen ...
    Wenn du 600 Watt Dauerleistung bergauf fährst und noch beim GBM mitmachst, dann geb ich dir einen aus. Da hätte selbst das gemästete Kalb A. C. keine Chance mehr ...

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