Samstag, 9. Oktober 2010

Stabilitätsprobleme und Tücken des Alltags

So, ist eine Weile her, dass ich das letzte Mal was von mir hören lassen habe. Das lag aber daran, dass wir immer bis abends gut ausgelastet waren.
Unimäßig wird es wohl so sein, dass ich mich mit dem Gecko beschäftige. Momentan dreht sich aber erstmal alles um relativ elementare Probleme. Im Kern geht es darum, was passiert, wenn der Gecko mit seinem Fuß gegen die Wand drückt. Auf selbigem sitzen jede Menge kleine "Zylinder". Bei ausreichender Druckkraft machen die mehr oder weniger das (hoffentlich) in der Animation zu sehende. Man kennt das ja auch, wenn man auf ein Lineal oder ähnliches drückt. Wenn dem Gecko das bei allen Füßen gleichzeitig passiert ist es natürlich erstmal Pech für ihn, weil er dann runterfällt. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass er das auch elegant zum Laufen nutzen kann. Wenn er mit dem Fuß fest an der Wand klebt, nützt ihm das ja auch alles nichts, weil er nicht weiterkommt. Stößt er sich aber nun mit einem Fuß beim Rennen ab (wie wir es ja zumindestens beim Rennen auch machen), dann entsteht der gezeigte Effekt. Natürlich ist das alles rein spekulativ. Ich muss irgendwie erstmal Überblick im Gewirr der schon vorhandenen Literatur kriegen (es gibt tausende Veröffentlichungen dazu).
Mein Kollege Zeller wird sich ganz gemeinen Problemen über das Zusammenspiel von Elektrostatik und Mechanik widmen. Das entzieht sich natürlich wesentlich mehr der Vorstellungskraft, als mein fürs erste relativ anschauliches Problem. Das hat dann auch dazu geführt, dass wir gestern den halben Tag den Sinn und Unsinn von Maxwell-Spannungen und anderem unverständlichem Zeug erörtert haben.
Da ich früh noch Radfahren gewesen war, wollte ich dann gestern noch etwas länger an der Uni bleiben. Nachdem ich für ein ziemlich einfaches Problem in drei Anläufen drei verschiedene Lösungen ausgerechnet hatte, die alle der Plausibilitätskontrolle nicht standhielten, schien ich schließlich endlich auf dem richtigen Weg zu sein. Kurz bevor ich fertig war, fing es dann plötzlich auf dem Flur laut zu hupen an. Ich vermutete Feueralarm, checkte kurz für den Fall der Fälle den Fluchtweg durchs Fenster, rechnete noch schnell zu Ende und packte dann meine Sachen. Als ich aus der Tür trat, wäre mir beinahe das Trommelfell geplatzt, da genau neben der Tür die Feueralarm-Sirene saß. Im Treppenhaus wurde ich dann fast von drei bis an die Zähne bewaffneten Feuerwehrmännern über den Haufen gerannt. Gegen die würden die deutschen Feuerwehrmänner mit ihren Playmobil-Äxten ziemlich armselig wirken. Draußen war gerade die Polizei damit beschäftigt, alle Passanten mehr oder weniger sanft des Geländes zu verweisen. Ich bin ja gespannt, ob es bloß eine Übung oder doch ein E-Fall war. Jedenfalls roch es etwas komisch (allerdings nicht verbrannt).
Um auf den Großen Beleg des jungen Herrn Zeller zurückzukommen: Er schreibt ihn vielleicht auch besser über elementare Probleme des Alltags. Er hat sich nämlich einen tollen amerikanischen Wäscheständer gekauft. Ich habe ihn gleich davor gewarnt, dass das Ding statisch unterbestimmt sein könnte. Aber er wollte es mir einfach nicht glauben.
 Der Versuch hat gezeigt, dass ich recht hatte, denn das Ding ist erstmal in sich zusammengestürzt. Ich habe den pragmatischen Ansatz gewählt und zwei Leinen durchs Zimmer gespannt. Das ist natürlich nicht so ästhetisch wie der Wäscheständer, aber immerhin funktioniert es.
Außerdem hat der Andere aufblasbare Sessel bestellt. Da die Dinger billig waren hab ich auch gleich einen mitbestellt. Die Pumpe, die mit dazu war, mussten wir erstmal instand setzen, bevor wir sie das erste Mal im Einsatz hatten. Nach gefühlten 100000 Hüben entfalteten sich dann unsere Sessel in ihrer ganzen Größe. Die Dinger beanspruchen wahrscheinlich ein Viertel der gesamten Wohnfläche.
Leider ist es zu anstrengend, die Sessel nur dann aufzublasen, wenn man sie braucht. Wir hätten vielleicht doch den optionalen Kompressor mitbestellen sollen. Aber immerhin gibt es einen eingebauten Flaschenhalter und einen Fußhocker ... wenn das mal nichts ist. Sollten die Dinger platzen, haben die Häuser im Umkreis aber wahrscheinlich keine Fensterscheiben mehr.
Außerdem macht sich bezüglich des Essens nach der ersten Freude, dass es fast alles gibt, was man bei uns auch im Regal findet, so langsam die Ernüchterung breit. Da soll zwar das Gleiche drin sein, aber das Meiste schmeckt einfach nur erbärmlich. So strömt einem schon beim Öffnen des Balsamico-Essigs ein übelriechender Duft entgegen. So stelle ich mir in etwa den Duft der Ausscheidungen der kalifornischen Kettennatter vor, die sie ausstößt, wenn sie sich bedroht fühlt. Unser Spümittel riecht  auch nicht besser. Über Ursachen klärt üblicherweise der "Ingredients"-Abschnitt auf der Packung auf. Als ich kürzlich Zwiebeln und Salami in einer Pfanne gemeinsam braten wollte, habe ich ziemlich dumm geguckt, wie plötzlich die Zwiebeln die Farbe der Salami angenommen haben. Kein Kommentar dazu. Gestern abend hat sich der Andere ein Fertigessen mit der Bezeichnung "Hungry Man" in den Ofen geschoben. Auch hier hatte ich schon beim Einkauf gewarnt. Das Resultat war ja vorherzusehen. Auch hierzu kein Kommentar.
Jedenfalls hat das das Fass zum Überlaufen gebracht, sodass wir jetzt zumindestens am Wochenende selber kochen werden. Also war heute erstmal Aufmunitionieren angesagt. Gar nicht so leicht, solche Sachen wie Soßenbinder, Gemüsebrühe, usw. zu finden. Über die Endsumme, die wir schließlich blechen mussten, rede ich besser nicht. Aber wenn eine kleine Gewürzdose fünf Dollar kostet, ist das halt so. Immerhin haben wir sogar Mehl gefunden. Denn das Brot hier ist grausam. Und da die Mittagessensversorgung auf dem Unigelände nicht so der Hit (bzw. sauteuer) ist, sind wir mehr oder weniger darauf angewiesen. Wir werden also zum Selber-Backen übergehen müssen. Die einzige Unbekannte im Gleichungssystem ist noch die Verfügbarkeit von Hefe. Aber ich kann mich entsinnen, dass ich mal ein Brot ohne Hefe gebacken habe. Und das war nach meiner Erinnerung "not too bad". Interessant war auch, dass zum Kaufen von Weißwein (für unsere Feinschmecker-Soßen) unser Visum erforderlich war.
Ansonsten mussten wir uns noch die ganze Zeit mit Cox rumschlagen. Das ist sowas wie die Telekom (bzw. T-Online). Natürlich mit vergleichbarer Servicequalität. Da der Herr im Zimmer neben mir unbedingt eine Glotze braucht, war das alles gar nicht so einfach. Eigentlich hatten wir ja die Hoffnung, zumindestens das Internet mit dem WLAN unserer Apartment-Nachbarn teilen zu können. Aber ausgerechnet dort ist uns der erste nicht kooperative Mensch hier über den Weg gelaufen. Er fühlt sich "not comfortable" damit. Wir vermuten mittlerweile, dass er Franzose ist, da die Amerikaner alle äußerst freundlich und hilfsbereit sind. Auch das Bezahlen der Stromrechnung war nicht ganz ohne, da dass nur mit Scheck oder sog. Money-Order geht.
Ansonsten war ich auch mal eine Runde mit dem UCSB-Radteam unterwegs. Dort werde ich mich wohl früher oder später einklinken, um zu den Rennen hier zu kommen. Beinahe hätte ich mich dazu hinreißen lassen, schon an diesem Wochenende mit zu einem Cross-Country-Rennen nach Nevada zu fahren. Aber die Vernunft hat noch einmal gesiegt.
Heute waren wir zum Mittag am Strand vom Goleta zum Barbecue der ISA (International Students Association). Dort gabs fetten amerikanischen Burger und Hotdogs. Ich hab mich deshalb danach aufs Rad verzogen um die Energiebilanz wieder zurecht zu rücken. Das ganze natürlich bei bestem Wetter mit Sonnenschein und Temperaturen um die 70 °F. Die Sonne war nach dem Regen vom Montag auch dringend nötig ...
Weiterhin habe ich mir ein Gurke für die Stadt angeschafft, da ich meine Räder nur ungern draußen stehen lasse. Ich konnte sogar ein echtes Kona mit Stahlrahmen für umgerechnet 70 Euro auftreiben. Das Tretlager sitzt so hoch, dass ich kaum aufsteigen kann und der Lenker ist voll Downhill-tauglich. Die Billig-Federgabel von RST hat mich echt zum Staunen gebracht. Ich bin noch nichts gefahren, was derartig sensibel auf Bordsteinkanten und Ähnliches reagiert. So gut war selbst meine alte Fox nicht. Als ich dann übermütig wurde und mehrere Schläge hintereinander kamen, wurde mir die Ursache dann aber bewusst. Schon beim zweiten Einfedern war das Ding praktisch zur Starrgabel mutiert. Diagnose: völlig überdämpft. Aber das Rad ist immerhin ein Fortschritt um 2300% gegenüber meiner Kiste in Dresden, was die Anzahl der Gänge betrifft. Es funktioniert auch alles tadellos, sodass ich guter Hoffnung bin, am Ende der Zeit hier das Ding zumindestens ohne Verlust wieder los zu werden.

2 Kommentare:

  1. Wegen des Essens: Gehe doch mal in die Hollywood-Studios. Da gibt's bestimmt noch die Mikrowelle von Star Trek, bei der man eine Mini-Tablette reintut und ein riesiges Hühnchen mit viel Gemüse nach 5 s rausbekommt. Sicher gesünder als Dein Zeug. Und Strom dürfte auch nicht so teuer sein. Und was das Rad angeht: mind. 2 Nummern zu klein. Die Sattelstütze ist ja schon nach hinten gebogen. Immer mit Helm und Suspensorium!
    VG Güdö

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  2. Hi Guido,

    die nach hinten gebogene Sattelstütze hab ich nicht verursacht. Keine Ahnung, was das Ding für Vorbesitzer hatte. Aber wenns einer von den "Super-size-me"-Amerikanern war, dann hätte der die auch krumm gekriegt, wenn sie vollständig im Rahmen gesteckt hätte (multiplizier mal unser Körpergewicht mit 3, dann kommste in deren Liga an).

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